1932 fand in Wien die 17. Jahresausstellung der VBKÖ statt. Der Hagenbund stellte den Künstlerinnen damals die Räumlichkeiten zur Verfügung. Auch wenn die VBKÖ 1912 eigene Vereinsräumlichkeiten in der Maysedergasse 2/4 bezog, blieb man bei der Durchführung größerer Ausstellungen von den Räumlichkeiten der männlichen Künstlervereinigungen abhängig. Die Mieten waren hoch und für den Verkauf günstige Zeiten waren den eigenen Mitgliederausstellungen vorbehalten. Obwohl die Ausstellungen der VBKÖ gesellschaftlich meist auf große Resonanz stießen, konnte der materielle Erfolg damit nicht Schritt halten. Unter dem Druck finanziell erfolgreiche Ausstellungen durchzuführen, zeichneten sich zwei Tendenzen ab: die eine strebte danach den Anteil des Kunstgewerbes zu erhöhen und die anderen dem Geschmack der Käufer_innen –auch die Anpassung der Motive– entgegenzukommen. Der Kampf zwischen Kunst und Ökonomie ist auch ein Geschlechterkampf und ein Kampf ums Überleben.
Der anfängliche Enthusiasmus 1910, durch die Gründung einer unabhängigen und selbsttätigen Künstlerinnenvereiningung, wurde durch die rigiden Rahmenbedingungen und ökonomischen Realitäten gebremst. Zwischen Leistungs- und Weihnachtsschauen loten die Ausstellungen zwischen eigenen künstlerischen Ambitionen und wirtschaftlichen Zwecken aus, die der gemeinschlichten Agenda der VBKÖ dienten. Wie eng Ökonomie, Gemeinschaft und Kunstproduktion zusammenhängen zeigt die Ausstellung 1932, als Reaktion auf die Deflationskrise: „Wer nicht in der Lage ist, einen Kunstgegenstand mit Geld zu bezahlen, möge ein Tauschangebot machen: z.B. Waren (Lebensmittelbons, Heizmaterial, Kleider, Wäsche, Pelze, Rah-men, Bücher etc.) oder Leistungen. (Ärztliche - oder zahnärztliche Behandlung, Unterricht in verschiedenen Fächern, Landaufenthalt, Verpflegung, Professionistenarbeiten etc.).“ (DRUCK 14)
Im Ausstellungskatalog von 1932 sind auf 23 Seiten die Titel der Arbeiten gelistet: Blumen, Tiere, Landschaften und Kinder entwerfen eine Welt der Angepasstheit, die sich dem Verkäufer ohne Ecken und Kanten präsentiert. Diese allmähliche Weich- und Rundwerdung zeigt deutlich, wie die Ambitionen und die künstlerischen Absichten der VBKÖ sukzessive abgeschliffen wurden und die Visionen zu Gespenstern wurden, während Briefwechsel und interne Korrespondenzen von Widerständigkeit, Zerrissenheit und Kampf zeugen. Die Künstlerinnen stehen in einem komplexen Spannungsverhältnis zwischen Rollenzuschreibungen und Rollenspiel.